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Karriere
01.03.2023

Inbetriebnahme in Sodegaura: Vincent Verbaere auf Reisen in Japan

Nach meiner Promotion in Wärme- und Stoffübertragung vor ca. zehn Jahren, bin ich bei Doosan Lentjes eingestiegen. Dort hatte ich vielfältige Aufgaben: Die ersten vier Jahre verbrachte ich in der Forschung & Entwicklung (F&E), um Testanlagen von Wirbelschichten zu konzipieren. Seitdem arbeite ich in der Verfahrenstechnik, wo ich einen Großteil meiner Zeit mit der Entwicklung von Berechnungs-Programmen verbringe.

Vor einiger Zeit wollte ich mehr Zeit auf Baustellen verbringen. Dies steht im Einklang damit, Einblicke in die Praxis zu gewinnen. Für mich war es die erste wirkliche Erfahrung auf einer fernen Baustelle in Sodegaura (Japan), wo gerade eine 70MWe ZWS-Anlage (zirkulierende Wirbelschicht) in Betrieb genommen wird. Ich war zusammen mit meinem Kollegen Frank Leuschke, Produktmanager ZWS bei Doosan Lentjes, ca. drei Monate zwischen November 2022 und Februar 2023 dort eingesetzt.

Meine Funktion vor Ort war es, den Kunden technisch zu unterstützen, sowie die Messdaten aus der Inbetriebnahme auszuwerten. Diese Tätigkeit setzt einen intensiven Austausch mit dem Kunden, sowie unseren Kollegen in Ratingen und Korea voraus.

Ein wichtiger Teil meiner Aufgabe als Prozessingenieur betrifft die qualitative and quantitative Bewertung von Verfahrensdaten. Während der Inbetriebnahme kommt es vor, dass gemessene Daten einen gewissen Unterschied zu den Auslegungsdaten aufweisen. Es ist wichtig für alle Partner des Projektes zu verstehen, wo die Wurzel der Diskrepanz liegt. Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um sie in der Zukunft zu vermeiden? Diese Aufgabe erfordert ein gewisses Maß an wissenschaftliche Neugierde. Fundierte Kenntnisse der Thermodynamik sowie der Programmierung bieten sicher einen großen Vorteil.

Es ist mein erster langer Aufenthalt im fernen Asien gewesen. Zuvor hatte ich mich etwas vorbereitet, indem ich ein paar Bücher über Japan gelesen hatte. Im Nachhinein stellte ich fest, dass ich mit viel Unwissenheit nach Japan gereist bin. Ich habe die drei Monate gut genutzt, um meinen Kompass neu einzurichten.

Ich werde hier auf die Geschichte von Japan nicht weiter eingehen. Trotzdem muss man wissen: Japan war mehrere Jahrhunderte (Edo-Periode) von der Welt abgeschlossen. Während dieser Zeit haben u.a. Samurai das Land geprägt. Man muss sich Samurai als eine Mischung aus Rittern und Mönchen vorstellen. Das japanische Wort „Samurai“ bedeutet: Einer, der dient. Ihre Lebensweise war von harten Bräuchen sowie Entbehrung geprägt. Diese japanischen Krieger folgen dem Ehrenkodex von Bushido. Der Bushido-Kodex basiert auf sieben Hauptprinzipien. Bushido oder „der Weg des Kriegers“ ist in der japanischen Gesellschaft, im Sport, in den Traditionen usw. sehr präsent.

Das moderne Japan setzt sein starkes Ehrgefühl, Disziplin, Hingabe und Loyalität für eine gemeinsame Sache weiter ein: Sich selbst wieder aufzubauen und im 20. Jahrhundert eine der größten Wirtschafts- und Industriemächte der Welt zu werden. Dabei spielt die Hierarchie bekanntlich eine wichtige Rolle. Nicht nur wird von jedem ein gewisser Grad an „Unterwerfung“ erwartet. Es ist auch sehr wichtig, während Sitzungen nur zu sprechen, wenn Ansprechpartner das Signal geben.

Es ist mir aufgefallen, dass Japaner unsere Kultur oft deutlich besser kennen als wir Europäer die Japanische. Viele Japaner sind schon beruflich oder privat zu uns gereist. Ich war verblüfft, als mir einmal ein Ingenieur Fragen über das französische Schulsystem (ich bin nämlich gebürtiger Franzose) stellte und ich merkte, dass er schon im Voraus sehr gut informiert war.

Japaner sind sehr rücksichtsvolle Menschen. Im Zusammenhang mit der Corona Pandemie tragen Menschen noch medizinische Masken, obwohl die Regierung einen Großteil der Maßnahmen aufgehoben hat. Im öffentlichen Verkehr bleiben Japaner meistens leise: man unterhält sich kaum, oder es wird vermieden, laut miteinander zu sprechen.

Ich persönlich fühlte mich sehr gut in Japan aufgenommen. Als ich mich einer Gruppe aus Japanern anschloss, hat immer einer versucht, mir in Englisch zu erklären, worum es ging. Allerdings darf man nicht vergessen: Japanisch ist die Sprache Japans und so ist eine Auseinandersetzung mit der Sprache bei Aussicht auf einen langen Aufenthalt durchaus angebracht. Dabei besteht die Schwierigkeit darin, die drei angewandten Alphabete zu erlernen, nämlich Hiragana und Katakana mit je 46 Zeichen und Kanji, angelehnt an chinesische Charaktere. Es wird davon ausgegangen, dass die Kenntnis von 8000 Zeichen Voraussetzung ist, um eine Zeitschrift zu verstehen. Es mag überraschend erscheinen, aber chinesische Charaktere erscheinen mir einfacher zu erwerben, da sie besser auseinandergehalten werden können.

Die Sauberkeit in Japan ist ebenso vielen bekannt. Bevor man einen Raum betritt, auch wenn es technische Räume, Büros oder Warten sind, soll man die Schuhe am Eingang stehen lassen. Es ist nicht immer praktisch, wenn man regelmäßig zwischen Büro und Anlage pendelt. Allerdings sind die Bedingungen am Arbeitsplatz deswegen zu begrüßen. Die Anlage ist bemerkenswert sauber. Zum Beispiel wird nach jeder Rohrleitungsmodifikation die betroffene Stelle neu gestrichen. Sollte über kurze Zeit eine Leckage auftreten, dann wird sofort eine Reinigungsfirma eingesetzt.

Zum Schluss war diese Reise sicherlich sehr intensiv in Bezug auf den Arbeitsaufwand, aber sie ermöglichte es mir, ein Land und unglaublich interessante Menschen zu entdecken. Ich werde diese Erfahrung nicht so schnell vergessen.

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